Der Kanton Aargau hat mit der Ostaargauer Strassenentwicklung, schönfärberisch OASE genannt, einen Prozess aufgegleist, um die Verkehrsinfrastruktur im Kantonsteil auf dieses Wachstum vorzubereiten. Neu ist, dass in den Plänen des Kantons auch der Fuss- und der Radverkehr eine Rolle spielen sollen. Vorderhand stehen allerdings Strassenbauprojekte in Höhe von gegen einer Milliarde Franken im Vordergrund.
Die drei Varianten, die der Kanton für die Entlastung von Baden prüft, sind für Obersiggenthal, insbesondere den Ortsteil Nussbaumen, alles andere als erfreulich. Herzstück jeder der Varianten ist ein Martinsbergtunnel, der den Verkehr von der Siggenthaler Brücke aufnehmen soll. Mit durchschnittlich 22 500 Fahrten pro Tag (Zählung 2015) ist Nussbaumen schon heute übermässig mit Verkehr belastet. In seinem Referenzszenario zur OASE rechnet der Kanton Aargau bis 2040 mit zusätzlichen 6000 Fahrten. In diesem Zeitraum soll die Bevölkerung im Metropolitanraum Baden um über 30 Prozent wachsen.
Die Entwicklung zum urbanen Raum braucht Visionen
Als Folge dieses Wachstums wird sich die ganze Region Baden verdichten und zur Stadt zusammenwachsen. Damit die Lebensqualität nicht unter die Räder gerät, sind aber Visionen und eine vorausschauende Planung nötig. Dann kann das Wachstum durchaus ein Gewinn für die Region sein. Es reicht nicht, für die Zunahme des Autoverkehrs zusätzlichen Platz auf der Strasse zu schaffen. Die Strasse muss anders genutzt werden.
Wie soll zum Beispiel Obersiggenthal dereinst aussehen? Ich stelle mir Nussbaumen im Jahr 2040 als privilegiertes, sonnenverwöhntes Quartier der Stadt Baden vor, dessen grosszügiger Bachmattpark als Geheimtipp gilt. Der belebte, gut durchmischte Stadtteil bietet ein attraktives Zentrum und hat einladende Plätze, wo sich Menschen begegnen. Viele sind zu Fuss unterwegs, weil der öffentliche Raum zum Flanieren einlädt. Kinder können gefahrlos draussen spielen und brauchen keine Begleitung für den Schulweg.
Die Politik braucht mehr Mut
Das kantonale Verkehrsentwicklungsprojekt OASE muss den Wandel der Region zum urbanen Raum planerisch vorwegnehmen. Was heute geschaffen wird, prägt die zukünftigen räumlichen und sozialen Strukturen und bestimmt darüber, ob wir auf menschenfreundlich gestalteten Strassen mit erträglichem Verkehr oder in einer lebensbedrohenden Strassenhölle unterwegs sein werden.
Das BVU geht selbstredend davon aus, dass mit der Einwohnerzahl auch das Bedürfnis nach individueller Mobilität wachsen wird. Das wird es aber nur, wenn der Kanton vorauseilend die Strassen dafür bereitstellt. Eine Verkehrsschneise mit 30 000 Fahrten pro Tag passt nicht ins Bild eines attraktiven Stadtteils mit hoher Lebensqualität. Die Region Baden braucht nicht neue Kapazitäten für noch mehr privaten Verkehr, sondern Visionen. Wie wärs mit einem Tram?