Mit einer provokativen Aktion haben wir Grünen Obersiggenthal am Samstag gegen die Verkehrspolitik des Kantons demonstriert: Wir haben den Kreisel im Zentrum von Nussbaumen besetzt und die Fläche mit Szenen aus einer Realität bespielt, in der nicht Autos, sondern Menschen den öffentlichen Raum prägen.
Ein Grosi, das gebeugt am Stock geht, ein Vater, der seinen Kinderwagen vor sich herschiebt, zwei Junge, die Federball spielen … alle ausgerüstet mit Warnwesten, Atemmasken und Gehörschutz – eine surreale Szenerie, in der ein grosses Transparent in den Farben der Grünen Partei erklärt, worum es geht: «Unsere OASE ist grün». Am späten Samstagnachmittag haben wir Grünen Obersiggenthal vorübergehend den Kreisel beim Markthof Nussbaumen besetzt und mit Alltagsszenen zu zeigen versucht, dass dieser rund 800 Quadratmeter umfassende Raum für das Leben in der Gemeinde verloren ist.
Obersiggenthal zählt zu den am stärksten vom Verkehr belasteten Gemeinden des Kantons. Rund 23 000 Fahrzeuge fahren Tag für Tag durch Nussbaumen. Seit der Eröffnung der Siggenthaler Brücke vor 15 Jahren hat sich der Verkehr verdoppelt; würde der Martinsbergtunnel, der in der Ostaargauer Strassenentwicklung OASE das Herzstück für die Region Baden bildet, tatsächlich realisiert, entstünde ein Autobahnzubringer mitten durch das Siedlungsgebiet mit über 30 000 Fahrten pro Tag. Das ist jenseits von Gut und Böse. Dagegen wehren wir uns.
«Uns stinkt’s»
Heute dominiert der Durchgangsverkehr den öffentlichen Raum im Siggenthal; der Aufenthalt im Freien ist wegen des Lärms und der Schadstoffimmissionen vielerorts unzumutbar. Zu Fuss oder mit dem Velo über die Landstrasse zu kommen, ist lebensgefährlich oder gar unmöglich. Der öffentliche Raum gehört aber uns allen. Dass uns der Kanton solche Zustände zumutet, ist inakzeptabel. Wir leben hier. Uns stinkt’s.
Obwohl seit langem klar ist, dass mit dem weiteren Ausbau des Strassennetzes die Probleme nicht kleiner, sondern grösser werden, weigert sich der Kanton, einen Strategiewechsel in die Wege zu leiten. Die Verkehrspolitik dreht sich im Kreis. Mit der Ostaargauer Strassenentwicklung OASE würden noch mehr Kapazitäten für den privaten Motorfahrzeugverkehr geschaffen. Der Aargau muss wissen, dass die Menschen im Siggenthal das nicht akzeptieren.
Unter dem Lead von Obersiggenthal haben die betroffenen Gemeinden dem Kanton unmissverständlich signalisiert, dass sie diese Entwicklung ablehnen. Es macht aber nicht den Anschein, dass dies im Departement von Regierungsrat Stephan Attiger gehört wurde. Geplant werden nicht zukunftsfähige Mobilitätslösungen, sondern noch mehr Strassen. Das ist der falsche Weg.
Mättelisteg statt Martinsbergtunnel
Ein weiteres Transparent trug die Botschaft «Fussgängerbrücken statt Autotunnel». Damit spielen wir auf einen zweiten politischen Prozess an, der scheinbar nichts mit der OASE zu tun hat: den Mättelisteg, ein gemeinsames Projekt für Fussgänger und Velofahrende, den Obersiggenthal, Baden und Ennetbaden gemeinsam planen und über dessen Schicksal der Obersiggenthaler Einwohnerrat demnächst befinden wird.
Der Mättelisteg ist ein wichtiges Element im regionalen Fuss- und Veloverkehrsnetz, aber auch für die Entwicklung des Oederlin-Areals, das für Obersiggenthal von grosser Bedeutung ist. Weil unsere Gemeinde gerade mit einem finanziellen Engpass kämpft, droht das Projekt zu scheitern. Der Mättelisteg ist ein Zukunftsprojekt für Obersiggenthal. Wird er nicht gebaut, bleibt das Oederlin vom Bäderquartier und seiner Entwicklung abgeschnitten. Eine zukunftsgerichtete, urbane Entwicklung würde verunmöglicht.
Die Realisierung dieser Fuss- und Veloverbindung nach Baden bestimmt darüber, ob im Oederlin dereinst eine jung-dynamische, städtisch orientierte Mieterschaft einziehen wird, die gar kein eigenes Auto mehr will, oder ob jede Mietpartei zwei Autoabstellplätze beanspruchen wird. Obersiggenthal kann sich nicht glaubhaft gegen die OASE wehren und gleichzeitig solch wichtige Projekte verhindern, die für eine Lösung der Verkehrsprobleme unverzichtbar sind
Forderung an die Adresse des Kantons
Die OASE-Pläne des Kantons Aargau stehen in krassem Widerspruch zur kantonalen Strategie «MobilitätAARGAU», die verlangt, dass der motorisierte Privatverkehr nicht weiter wächst, hingegen der Fuss- und der Veloverkehr gefördert wird. Den schönen Worten in der Mobilitätsstrategie müssen Taten folgen. Deshalb fordern wir, dass der Kanton in Zukunft Infrastrukturprojekte wie den Mättelisteg zumindest mitfinanziert.
Es braucht ein Umdenken, um aus der Sackgasse zu kommen. In der Strassenkasse ist genug Geld. Investitionen in den Fuss- und den Veloverkehr entlasten die Strasse und kommen so allen zugute. Dies rechtfertigt, dass auch Infrastrukturprojekte für den Fuss- und den Veloverkehr aus Mitteln der Strassenkasse realisiert werden.
Medienbericht der «Aargauer Zeitung» vom 09.09.2017, basierend auf unserer Medienmitteilung