Der Wind, der Wind, das himmlische Kind hatte in der heissen Phase des Kampfs um die Ausschaffungsinitiative eines meiner «2× Nein»-Plakate mitgetragen, hoffentlich zur Überzeugung weiter entfernt wohnender ObersiggenthalerInnen. Als ich nun mit Bostitch ein neues Exemplar anbringe, hält ein Auto, und ihm entsteigt ein Einwohnerratskollege von der SVP. «Wem gehört dieser Ständer?», fragt er, während er auf mich zuschlenkert. «Mir», entgegne ich, und als ich mich von der Überraschung erholt habe, schiebe ich nach: «Das heisst: Er gehörte früher dem LOS (Läbigs Obersiggenthal). Und da wir sozusagen deren Nachfolger sind, gehört er jetzt uns, den Grünen.» «Sind Sie sicher? Können Sie das beweisen?», fragt der Kollege drohend. «Aber sicher doch: Hier unter diesem Kleber steht erstens noch ‹LOS›, und zweitens …» Ich winke ihn auf die andere Seite des Plakatständers, hebe das halb aufgetackte Plakat an und zeige mit Genugtuung auf das grüne ‹Grüne in den Einwohnerrat›-Plakat, das darunterklebt. Mir würde es ja nie einfallen, das Plakat einer anderen Partei zu überkleben. Ich respektiere die politische Meinungsvielfalt.
Der SVP-Einwohnerrat tritt nun etwas verlegen von einem Bein auf das andere und fängt an aufzuzählen, wen er vom LOS kannte und mit wem er zur Schule ging. Sein Auftritt ist ihm offensichtlich plötzlich sehr peinlich. Da ich zu den «Linken und Netten» gehöre und folglich ein entgegenkommender Mensch bin, danke ich ihm für seine Aufmerksamkeit und drücke meine Hoffnung aus, dass er auch einschreiten möge, wenn Plakate anderer Parteien überklebt würden … «Allerdings», moniere ich, «allerdings basiert Ihr Irrtum darauf, dass die SVP unsere Farbe missbraucht. Wir sind das Original und ihr die Kopie.» Das sitzt. «Und ausserdem», rufe ich ihm nach, «so schöne hölzerne Plakatständer habt ihr ja gar nicht – ihr müsst ja eure Plakate auf Bauabschrankungen anbringen!»
Übrigens: Obersiggenthal hat die Auschaffungsinitiative abgelehnt.
Danke vielmals allen Obersiggenthalerinnen und Obersiggenthalern mit Anstand und Vernunft!
Wenn meine vier bunten Plakate in der Breite dazu beigetragen haben, freut mich das peinliche Scharmützel mit dem SVP-Kollegen umso mehr.
Liebe Eva
Deine Plakatständergeschichte ist sehr unterhaltsam. Dieses Relikt aus LOS-Zeiten scheint ja einen Art zweiten Frühling zu erleben. Ev. müssen wir ihn in Zukunft sogar sicherer versorgen – wenn die SVP so gi…. darauf ist. Wer war übrigens der stramme Hüter von Gesetz und Ordnung?
Der aufmerksame Hüter von Recht und Ordnung war Kollege André Kummer und der Ständer ist wieder sicher verwahrt …
Man sieht: er kümmert sich um die Besitzverhältnisse der Plakatständer.