Das Departement Bau, Verkehr und Umwelt des Kantons Aargau (BVU) hat eine Petition besorgter Bürger abgelehnt, die bei der Bushaltestelle Alte Landstrasse in Rieden einen Fussgängerstreifen fordern. Dieser Entscheid ist unverständlich. Die Grünen Obersiggenthal fordern den Gemeinderat auf, die Petition der IG «Sicher im Verkehr – auch in Rieden» ernstzunehmen und sich beim BVU für eine Lösung einzusetzen.
Ein Fussgängerstreifen ist mehr als nur gelbe Farbe auf dem Asphalt. Er gilt als Bauwerk – mit allen Konsequenzen. Er muss ein Bewilligungsverfahren durchlaufen, geplant und schliesslich gebaut werden. Massgebend dafür ist das Baugesetz und eine Norm des Schweizerischen Verbands der Strassen- und Verkehrsfachleute (VSS), auf die sich das BVU bei seinem Entscheid stützt.
Was viele nicht wissen: Es gibt in der Schweiz ein «Bundesgesetz über Fuss- und Wanderwege» (FWG). Es verpflichtet die Kantone, dafür zu sorgen, dass Fusswegnetze angelegt und unterhalten werden. Fusswege, hält das Gesetz fest, «erschliessen und verbinden insbesondere Wohngebiete, Arbeitsplätze, Kindergärten und Schulen, Haltestellen des öffentlichen Verkehrs, öffentliche Einrichtungen, Erholungsanlagen sowie Einkaufsläden» (FWG, Art. 2, Abs. 3). Eine Bushaltestelle, die vom Quartier aus nicht auf sicherem Weg erreichbar ist, darf es eigentlich gar nicht geben. Sicher, das heisst auch zumutbar für Kinder, Sehbehinderte, Betagte.
Sicherheit will auch der Kanton. Deshalb wollte das BVU die Bushaltestelle Alte Landstrasse erst gar nicht bewilligen. Schliesslich knüpfte es die Bewilligung der Haltestelle an die Auflage, dass keine neue Fussgängerquerung realisiert werden darf. Argumentiert wird mit den eingangs erwähnten Normen des VSS: mit fehlenden Sichtzonen (die Strasse ist gerade und übersichtlich) und mit der Notwendigkeit einer Verkehrsinsel, was eine Strassenverbreiterung nötig machen würde (das ist eine Frage des Preises). Das Problem ist aus Sicht des BVU nicht der Verkehr, der die Benützung der Haltestelle zur Gefahr für Leib und Leben macht, sondern dass überhaupt Fussgängerinnen und Fussgänger die Strasse überqueren müssen, wenn sie auf den Bus wollen. Das Problem sind nicht die Autos, das Problem sind für das BVU die Menschen, genauer: die Menschen ausserhalb der Autos.
Die Haltestelle Alte Landstrasse wird auch von Verkehrsteilnehmenden benützt, die gezwungen sind, sich ohne Auto fortzubewegen. Etwa Schulkinder. Es gibt einen verfassungsrechtlichen Anspruch auf einen zumutbaren Schulweg, der sich als Konsequenz aus dem Schulartikel Art. 19 BV ergibt. Diese Haltestelle ohne Fussgängerstreifen ist aber nicht zumutbar, weder für Kinder, noch für Behinderte, noch für Betagte mit Rollator. In der Rush Hour ist das Überqueren der Landstrasse auch für Erwachsene eine Zumutung.
Die Familien im angrenzenden Wohnquartier haben einen Anspruch auf eine Bushaltestelle in angemessener Entfernung, die gefahrlos erreichbar ist. Dafür braucht es bei der Haltestelle Alte Landstrasse einen Fussgängerstreifen. Die Grünen Obersiggenthal fordern den Gemeinderat auf, sich für die Interessen der ÖV-Benützerinnen und -Benützer einzusetzen und den Entscheid des BVU anzufechten. Er hat das Recht auf seiner Seite.