Mit dem projektierten Baldeggtunnel droht der Gemeinde Obersiggenthal massives Verkehrswachstum. Das ginge auf Kosten von Lebens- und Standortqualität. Dennoch wehrt sich der Gemeinderat bisher nur halbherzig dagegen.
Urs Müller | Bei einer Informationsveranstaltung zu einem Kreisel in Kirchdorf sagte der Vertreter des Aargauischen Baudepartements vor nicht allzu langer Zeit, dass ein möglicher Baldeggtunnel noch in weiter Ferne liege; er sprach von einem Zeithorizont von 20 Jahren. Inzwischen macht die Strassenbaulobby aber mächtig Druck in Aarau. Es sind dies neben Politikern aus dem Unteren Aaretal auch Grossräte aus der Region, so etwa der Präsident des TCS Aargau (FDP und ehemaliger Obersiggenthaler) oder der lokale Vertreter der SVP in der kantonalen Kommission für Bau und Verkehr, der in der Bau- und Zementbranche tätig ist. Da kann ich unseren Gemeindeammann nicht verstehen, wenn er zum Abwarten rät, denn hinter den Kulissen wird das Projekt mit Druck vorangetrieben.
Wir Obersiggenthaler müssen jetzt aktiv werden, wenn wir etwas bewirken wollen, denn die Auswirkungen eines Baldeggtunnels auf unsere Gemeinde wären verheerend. Es wären nicht nur die Kirchdorfer betroffen, denen der Autobahnzubringer vor die Nase gebaut würde. Ein Baldeggtunnel würde zum Beispiel das Verkehrsaufkommen auf der Hertensteinstrasse massiv erhöhen, denn diese wäre in Zukunft der logische Autobahnzubringer für das Surbtal und das Wehntal. Nachdem uns die Obersiggenthaler Brücke bereits eine Verkehrszunahme von fast 50 Prozent gebracht hat – und dies entgegen allen Prognosen und Berechnungen –, müsste unsere Gemeinde mit einem weiteren massiven Verkehrswachstum rechnen. Es genügt deshalb nicht, vom «Spielfeldrand» aus zuzusehen, was die Akteure in Aarau machen. Wir müssen der geballten Macht der Strassenbaulobby die Interessen der Gemeinde entgegenhalten. Die bevorstehenden Wahlen von Gemeinderat und Einwohnerrat bietet Gelegenheit, sich klar gegen dieses unsinnige 800-Millionen-Projekt engagieren.
(Erschienen als Leserbrief in der «Rundschau» vom 29.09.2013)