«Wäre Energie etwas Kostbares, würde sorgsamer damit umgegangen»

Die Schweiz kann ihren Strombedarf ausschliesslich mit erneuerbaren Energiequellen decken, sagt der Badener Nationalrat Geri Müller.
Geri Müller spricht am 7. April 2011 um 19.30 Uhr in der Aula Unterboden, Nussbaumen, zum Thema «Die Zukunft unserer Energieversorgung».

Geri Müller, ist nach den Ereignissen in Japan das Atomzeitalter zu Ende?
Das Atomzeitalter war schon vorher zu Ende. Kein Land in der freien Marktwirtschaft ist heute noch bereit, in diese Risikotechnologie zu investieren. Finnland und Frankreich, die es als einzige doch probieren, erleben ein finanzielles Debakel.

Ohne neue Atomkraftwerke wird die Schweiz ihren Energiebedarf nicht selbst decken können. Gehen demnächst die Lichter aus?
Die Schweiz war noch nie unabhängig von Energieimporten. Die Atomenergie deckt lediglich 10 Prozent unseres Energiebedarfs, weltweit sind es gar nur 4 Prozent. Wenn wir unsere Unabhängigkeit erhöhen wollen, müssen wir in die Erneuerbaren investieren und unseren Verbrauch drosseln. Denn unser Energiehunger bringt noch weitere Probleme mit sich: In Nordafrika und im Nahen Osten gibt es blutige Auseinandersetzungen um das knapper werdende Öl. Die Verschwendung muss gestoppt werden. Mit effizienten Geräten werden wir in Zukunft ausschliesslich mit erneuerbaren Energien auskommen können.

Wir sind weder ein Sonnen- noch ein Windland, und die Wasserressourcen werden schon heute sehr stark genutzt. Woher soll der Strom denn kommen?
Das Potenzial der Erneuerbaren ist in der Schweiz bei weitem nicht ausgeschöpft. Die derzeit hängigen Gesuche, die wegen des Deckels bei der Kostendeckenden Einspeisevergütung nicht bewilligt werden, entsprechen der Leistung des AKW Mühleberg. Eines der vier Energieszenarien des Bundesrates zeigt: Auch die Schweiz kann ihren Strombedarf ausschliesslich mit Erneuerbaren decken, wenn gleichzeitig in Effizienz investiert wird.

Wann wird die Schweiz so weit sein?
Das ist eine Frage des Preises und des politischen Willens, spätestens aber 2035.

Gaskraftwerke gelten als sauber. Sind sie eine Übergangslösung, bis wir auf AKW verzichten können?
Nein, denn sie stossen grosse Mengen klimaschädliches CO2 aus. Die gute Nachricht ist: Wir brauchen den Atomstrom gar nicht vollständig zu ersetzen. Mit Effizienzmassnahmen können wir so viel einsparen, dass wir auch ohne Atomstrom auf gleichem Standard leben können. Wir gehen heute zu verschwenderisch mit Energie um. Das ist auch eine Frage der Wertschätzung: Wenn Energie etwas Kostbares wäre, dann würde sorgsamer damit umgegangen.

Kommen Sie persönlich mit 2000 Watt aus?
Ich bin in eine 2000-Watt-Gesellschaft hineingeboren worden und habe keinen Mangel gelitten. Jetzt bin ich auf dem Weg, wieder zu einer solchen zurückzukehren.

Nationalrat Geri Müller (Grüne) ist Präsident der Schweizerischen Energie-Stiftung SES. Er spricht am 7. April 2011 um 19.30 Uhr in der Aula Unterboden, Nussbaumen, zum Thema «Die Zukunft unserer Energieversorgung». Danach wird der Dokumentarfilm «Die 4. Revolution – Energy Autonomy» gezeigt.
Eintritt frei / Kollekte.

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